Inhalt schlägt Verpackung
Sind Verpackungen tatsächlich das grosse Umweltproblem? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Man muss den gesamten Lebenszyklus von Verpackungen betrachten, den Sinn von Verpackungen verstehen und auf den Inhalt schauen. Denn der spielt eine grössere Rolle als das, was ihn umgibt.
gebana Kund:innen konfrontieren uns immer wieder mit dem Thema Verpackung und der Frage, wie gebana dazu steht. Fast ebenso regelmässig hören wir den Ruf nach Mehrwegkartons oder Versandboxen, die man zurückgeben kann.
Wir haben uns diesen Fragen und Forderungen nun erneut angenommen und eigens eine kleine Studie durchführen lassen, um die Sinnhaftigkeit eines Mehrweggebindes für den Versandhandel zu prüfen. Die kurze Antwort lautet: Wir machen weiter wie bisher. Denn für Klima und Umwelt ist entscheidender, was in der Verpackung steckt und wie dieser Inhalt produziert wird. Die lange Antwort finden Sie nachfolgend.
Vor der Verpackung
Verpackungen verbrauchen Ressourcen. Für Karton sind dies Holzfasern und – je nach Produktionsland – mehr als zwei Drittel Altpapier, für Kunststoff primär Erdöl.
Trotz des hohen Altpapieranteils, der zum Beispiel bei der Papier- und Pappeproduktion in Deutschland zwischen 1990 und 2020 von 49 auf 79 Prozent gestiegen ist, wird heute jeder zweite gefällte Baum zu Papierfasern verarbeitet. Rund 400 Millionen Tonnen Papier und Karton entstehen so jährlich.
Weil Bäume eine nachwachsende Ressource sind, hat Papier trotzdem ein gutes Image. Ein grosser Teil der Papierfasern stammt jedoch aus Monokulturen oder Regenwäldern, die jeweils kahlgerodet und wieder aufgeforstet werden. Und es landen auch heute noch Bäume aus Urwäldern in Skandinavien, Osteuropa und Russland in der Papierverarbeitung.
Für Kunststoffverpackungen verwendet die Industrie derweil 10 Prozent des weltweit geförderten Erdöls. Dieser Anteil soll laut Prognosen der Branche stark steigen, da die Nachfrage nach Benzin und Diesel sinken wird. Die grossen Ölkonzerne bauen deshalb schon jetzt die sogenannte Petrochemie massiv aus. Diese liefert die Ausgangsmaterialien für Kunststoffe und machte bisher nur einen kleinen Teil der Ölraffinerien aus. Eine fragwürdige Entwicklung, da dies wohl vor allem zu einem führen wird: noch mehr Plastikmüll.
Nach der Verpackung
Die Müllproduktion durch Verpackungen ist dann auch das grosse Übel, das am Ende des Lebenszyklus steht. Die meisten Verpackungen sind Einmalprodukte, das heisst, nach ihrer Verwendung werden sie weggeworfen. Solange wir den Abfall recyceln – beim Kunststoff funktioniert das deutlich schlechter als bei Papier und Karton – oder in einer modernen Müllverbrennungsanlage verbrennen, hält sich der Schaden im Ökosystem in Grenzen.
Leider sieht die Realität in vielen Ländern anders aus und es landen riesige Mengen an Plastik in unserer Umwelt, vor allem in den Meeren. Dort treiben sie jahrelang herum und bauen sich kaum ab. Tiere, welche die Kunststoffteile fressen, werden unfruchtbar, leiden unter Missbildungen oder verenden. Zudem zerfällt der Kunststoff langsam zu kleinsten Teilchen, dem sogenannten Mikroplastik.
Projekte, um den Plastikmüll aus den Meeren zu fischen, sind bisher nur von mässigem Erfolg gekrönt. Neuen Erkenntnissen zufolge sind die Müllstrudel ausserdem nicht nur eine Gefahr, sondern auch Heimat zahlreicher Tiere. Das Abfischen des Plastikmülls könnte diese Tiere gefährden. Ein echtes Dilemma, das wir Menschen selbst verursacht haben.
Wenig verwunderlich also, dass sich Mikroplastik inzwischen praktisch überall findet: In Fischen, Meersalz, in Böden sowie in den Gewässern, aus denen unser Trinkwasser gewonnen wird. Das heisst, der Kunststoff landet auf unseren Tellern. Noch sind die gesundheitlichen Risiken dieser Belastung nicht vollständig bekannt, es gibt jedoch starke Anzeichen, dass Mikroplastik mit Schadstoffen belastet ist und sich zum Beispiel auf den Hormonhaushalt auswirken kann.
Der Zweck der Verpackungen
Angesichts der Probleme, die Verpackungen von an Anfang bis Ende ihres Lebenszyklus verursachen, sollten wir am besten komplett auf sie verzichten. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Verpackungen machen ein Produkt transportfähig und schützen es vor Verschmutzung und Verderb. Wenn wir als gebana beispielsweise unsere Cashews lose im Container transportieren würden, wäre das Risiko einer Kontamination gross, ein Insektenbefall wäre kaum zu vermeiden. Ganze Containerladungen könnten so als Food Waste enden. Das wäre viel schlimmer als es der Ressourcenaufwand für die Verpackung ist.
Um den Ressourcenaufwand dennoch möglich tief zu behalten, verpacken wir 73.6 Prozent unserer Produkte nur einmal, und zwar direkt im Ursprung. In diesen Verpackungen kommen die Produkte zu unseren Kund:innen nach Hause. Bei den Cashews und unseren Trockenfrüchten sind diese Verpackungen aus Plastik. Der Grund dafür ist einfach: Wir haben noch keine valable Alternative gefunden. Mehr dazu weiter unten.
Inhalt versus Verpackung
Wenn wir über Verpackungen sprechen, müssen wir auch den Inhalt berücksichtigen. Genauer die Art und Weise, wie dieser Inhalt entsteht. Wird das Produkt biologisch produziert oder konventionell? Kommen motorisierte Maschinen zum Einsatz? Müssen die Felder bewässert werden? Die Liste der Faktoren, die einen Einfluss auf die Umweltbelastung unserer Lebensmittelproduktion haben, ist lang. Vor diesem Hintergrund macht die Verpackung lediglich 1 Prozent der Umweltbelastung unserer Ernährung aus, wie eine umfassende Analyse für die Schweiz durch ESU-services ergab.
Fazit
Es ist richtig und wichtig, unnötige Verpackungen zu reduzieren und wir müssen vermeiden, dass Verpackungsmüll in unsere Ökosysteme gelangt. Wir dürfen uns jedoch vom emotionalen Thema Verpackungsmüll nicht ablenken lassen. Denn die grossen Belastungen entstehen viel früher. Wer die Umwelt mit seiner Ernährung schonen möchte, isst vorwiegend pflanzlich, saisonal und vermeidet Food Waste.
Was tut gebana?
Mit unseren Grosspackungen minimieren wir bereits die Menge an Verpackungen in Relation zum Inhalt. So wiegt die Plastikfolie für 1 Kilo Cashewnüsse nur etwas mehr als 20 Gramm. Zudem sind unsere Verpackungen sehr simpel gehalten.
Für unsere Kartons verwenden wir Materialien mit über 80 Prozent Recycling-Anteil und die Frischfasern sind FSC oder PEFC-zertifiziert. Diese Labels sind zwar keine absolute Garantie für eine nachhaltige Waldwirtschaft, aber es ist momentan das Beste, was auf dem Markt erhältlich ist.
Wir evaluieren zudem unsere Umweltwirkung laufend und nehmen Aspekte mit Ökobilanzen unter die Lupe. So haben wir kürzlich unsere Einwegkartons gegenüber Mehrwegkartons und Leihgebinde aus Kunststoff verglichen. Das Resultat lautet: Die Rücknahme von Kartons lohnt sich ökologisch kaum. Sobald unsere Kund:innen einen Einwegkarton zuhause nochmals verwenden, schneidet dieser bereits besser ab als ein Mehrwegkarton, der per Lastwagen hin- und hertransportiert und zweimal verwendet wird. Etwas besser stehen Depotgebinde aus Kunststoff da. Aber erst, wenn sie über 100 mal verwendet werden.
Was können Sie tun?
Den grössten Umwelteffekt erzielen Sie, wenn Sie Ihre Ernährung ökologisieren. Das heisst, den Konsum von Fleisch und Milchprodukten reduzieren, sich saisonal ernähren und Food Waste vermeiden.
Bezüglich unserer Kartons: Verwenden Sie die gebana-Kartons mehrfach. Zum Beispiel für eine bessere Ordnung im Keller, für das Geschenk ans Göttikind oder als Bastelmaterial. Wenn der Karton dann tatsächlich ausgedient hat, führen Sie ihn dem Karton-Recycling zu.
Bioplastik und Co.
Die Industrie verkauft gerne Bio-Kunststoffe als Lösung, da sich diese biologisch abbauen lassen sollen. Doch diese Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind problematisch:
- Diese Kunststoffe werden meist aus Mais, Weizen oder Zuckerrohr hergestellt, das in konventionellen Monokulturen produziert wird. Dafür werden wertvolle Ackerflächen genutzt, die für die menschliche Ernährung wegfallen.
- Gemäss einer Analyse der Universität Bonn könnte durch eine um 5 Prozent steigende Nutzung von Bioplastik je nach Regionen bis zu 1 Prozent der Waldfläche verloren gehen.
- Viele Bio-Kunststoffe sind unter üblichen Bedingungen kaum biologisch abbaubar. Im Hauskompost und normalen Kompostanlagen funktioniert der Abbau kaum und sogar moderne Biogasanlagen haben Mühe mit diesen Kunststoffen.
- Die meisten Bio-Kunststoffe schützen die Lebensmittel weniger gut als herkömmliche Kunststoffe, da sie durchlässiger für Sauerstoff und Feuchtigkeit oder weniger temperaturstabil sind. Das kann wiederum zu mehr Food Waste führen.
Aus diesen Gründen setzen wir bei unseren Folien weiterhin auf Polyethylen (PE). Aus unserer Sicht ist dies zurzeit die beste Lösung.
Verwendete Quellen
Greenpeace Zero Waste, https://www.greenpeace.ch/de/erkunden/zero-waste/ (abgerufen am 18.05.2022)
https://www.ipsos.com/de-de/konsumenten-erwarten-nachhaltige-verpackungen (abgerufen am 18.05.2022)
Global Paper industry, https://www.statista.com/topics/1701/paper-industry/#dossierKeyfigures (abgerufen am 18.05.2022)
Aus Wäldern wird Papier, https://www.wwf.de/themen-projekte/waelder/papierverbrauch/zahlen-und-fakten (abgerufen am 18.05.2022)
Wo unser Papier wächst, https://www.robinwood.de/sites/default/files/Wo%20unser%20Papier%20w%C3%A4chst_Nov-2018_digital.pdf (abgerufen am 18.05.2022)
Kahlschlag im Urwald für unser WC-Papier, https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/kahlschlag-im-urwald-fuer-unser-wc-papier (abgerufen am 18.05.2022)
Lieber Plastik als Zapfsäule, https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/oelkonzerne-lieber-plastik-als-zapfsaeule-die-oelmultis-aendern-ihr-geschaeftsmodell/22700236.html (abgerufen am 18.05.2022)
Kunststoffrecycling – die Lösung für das Plastikproblem? https://www.umweltberatung.at/kunststoffrecycling-und-plastikproblem (abgerufen am 18.05.2022)
Wie viel Müll schwimmt in den Meeren? https://www.wwf.de/themen-projekte/plastik/unsere-ozeane-versinken-im-plastikmuell/plastikmuell-im-meer-die-wichtigsten-antworten#:~:text=Wie%20viel%20M%C3%BCll%20schwimmt%20in,entspricht%20einer%20Lastwagenladung%20pro%20Minute. (abgerufen am 18.05.2022)
Mikroplastik, https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroplastik (abgerufen am 18.05.2022)
Je mehr Abfall, desto mehr Leben, https://www.spektrum.de/news/muellstrudel-je-mehr-abfall-desto-mehr-leben/2016706 (abgerufen am 18.05.2022)
Plastik in Fisch und Meeresfrüchten, https://www.greenpeace.de/publikationen/20191229-greenpeace-report-plastik-fisch-meeresfruechte.pdf (abgerufen am 18.05.2022)
Mikroplastik in Fleur de Sel und Meersalz, https://www.schwarzerpfeffer.de/belastung-mit-plastik-fleur-de-sel-und-meersalz/ (abgerufen am 18.05.2022)
Plastik im Boden – eine unbekannte Gefahr, https://www.umweltnetz-schweiz.ch/themen/umweltschutz/3305-plastik-im-boden-eine-unbekannte-gefahr.html (abgerufen am 18.05.2022)
Mikroplastik – ein Problem für unsere Gewässer? https://www.sg.ch/umwelt-natur/wasser/eingetaucht--wasserwissen/mikroplastik---ein-problem-fuer-unsere-gewaesser-.html (abgerufen am 18.05.2022)
Bioplastik, https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/bioenergie/bioplastik (abgerufen am 18.05.2022)
Mehr Bioplastik führt nicht zwingend zu mehr Klimaschutz, https://www.uni-bonn.de/de/universitaet/presse-kommunikation/presseservice/archiv-pressemitteilungen/2018/329-2018 (abgerufen am 18.05.2022)
Mikroplastik zieht Schadstoffe an, https://www.eu-umweltbuero.at/inhalt/mikroplastik-zieht-schadstoffe-an (abgerufen am 18.05.2022)
Mikroplastik: Eine Gefahr für die Gesundheit – ein Blick in die menschliche Zelle, https://www.bfr.bund.de/cm/343/mikroplastik-eine-gefahr-fuer-die-gesundheit-ein-blick-in-die-menschliche-zelle.pdf (abgerufen am 18.05.2022)
Nachhaltiger Konsum und Reduktionspotenziale für Umweltbelastungen, ESU-services GmbH, 21.5.2019, Auftraggeber: Greenpeace
Screening LCA Einweg- und Mehrwegkarton vs. Mehrweggebinde, Carbotech AG, Juli 2021, Auftraggeber: gebana AG