Geld, an das niemand glaubt
Wie reagiert eine Bäuerin oder ein Bauer, wenn einem der Kunde eines Tages eröffnet, dass er ab jetzt mehr für seine Produkte zahlen will? Mit Unglaube, denn sowas gibt es eigentlich nicht. So ging es zumindest den türkischen Bauernfamilien, die für gebana Bergfeigen produzieren.
In den Bergen in der Region um die Stadt Aydin in der Westtürkei leben sieben Bauernfamilien. Auf kleinen Flächen von durchschnittlich 4 Hektar bauen sie Bergfeigen an und lassen sie an der Sonne trocknen. Über den Exporteur OTS Organik verkaufen sie diese Feigen auf dem internationalen Markt.
Seit 2020 zählen wir zu den Kunden dieser Bauernfamilien. Ob sie damals wirklich schon wussten, dass sie gebana beliefern, ist unklar. Heute kennen sie uns aber, denn 2022 haben wir ihr Weltbild gehörig erschüttert.
In jenem Jahr eröffneten wir ihnen, dass wir sie in unser gebana Modell integrieren wollen. Die wichtigste Information wollten sie uns dabei nicht glauben: "Künftig zahlen wir euch zusätzlich zum Bio-Einkaufspreis 10 Prozent unseres Verkaufspreises", erklärten wir.
Für uns ist diese Praxis ein alter Hut. Schliesslich haben wir schon 2019 damit angefangen und integrieren seither Jahr für Jahr weitere Bauernfamilien in das gebana Modell. Doch aus Sicht der Bauernfamilien ist die Skepsis nachvollziehbar.
Wer hat schliesslich je von einem Kunden gehört, der freiwillig mehr für ein Produkt zahlen will? So etwas gibt es doch gar nicht. Schon gar nicht, wenn dieser Kunde ein Unternehmen ist, das selbst auf Profit angewiesen ist.
Doch 2023 kam das versprochene Geld. Und was machten die Bauernfamilien? "Sie haben mit dem Geld einen Fernseher gekauft oder ihre Schulden bezahlt", sagt Murat Ersoy, Geschäftsführer unseres Partners OTS Organik.
Vielleicht fürchteten die Familien, dass es sich um einen Irrtum handelt? Zugegeben, bei durchschnittlich 4100 Euro pro Familie können schon Fragen aufkommen: Meinen die das wirklich ernst?
28'960 € gebana Prämie für sieben Feigenproduzent:innen
Inzwischen haben die Familien die Prämie aus dem gebana Modell ein zweites Mal erhalten – insgesamt 28'960 €, durchschnittlich 4’100 € pro Familie – und so langsam dämmert es ihnen: Ja, die meinen das ernst. "Als sie die Prämienzahlungen nochmal bekamen und merkten, dass hier tatsächlich etwas für sie getan wird, begannen sie daran zu glauben. Jetzt tun auch sie mehr", sagt Ersoy.
An dieser Stelle muss wieder einmal gesagt sein: Die Prämie aus dem gebana Modell ist bedingungslos. Will heissen, die Bauernfamilien können mit dem Geld tun und lassen was sie wollen. Fernseher kaufen oder Schulden tilgen ist völlig legitim. Unsere Hoffnung ist es aber, dass sie das Geld in ihren Betrieb investieren.
Im Zuge der Auszahlungen zeigen wir den Bauernfamilien dementsprechend immer auf, was und wo sie etwas verbessern könnten. Sie können das annehmen oder auch nicht. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass spätestens ab der zweiten Auszahlung ein Umdenken stattfindet.
Dazu zählt unter anderem, dass sie enger mit OTS zusammenarbeiten. Sie lassen von OTS ihre Böden analysieren und arbeiten dann gemeinsam aufbauend auf diesen Analysen an der Bodenverbesserung. "In der Zeit vor diesem Modell waren die Bauern sehr unabhängig: Sie verkauften uns Feigen, aber wir hatten keinen Einfluss auf ihre Arbeitsweise", sagt Ersoy. "Wir waren wie zwei getrennte Einheiten. Das gebana Modell ermöglicht es uns, als Gruppe zu agieren."
Heute fragen die Bauernfamilien bei Ersoy sogar manchmal nach, wie es auf dem Schweizer Markt läuft. "Es ist für sie sehr interessant zu wissen, dass das, was sie einpacken, direkt an die Endverbraucher geht. Mit gebana entsteht eine Verbindung und das spüren sie, sie sind froh, ein Teil davon zu sein."
Über OTS Organik
OTS Organik ist unser Partner mit Sitz in Izmir in der Türkei. Das Unternehmen gründete 2010 der nationale Bio-Pionier Atila Ertem, ein ausgebildeter Agrarwissenschaftler. Er engagiert sich bereits seit den 1980er Jahren für nachhaltige Landwirtschaft.
Die Bergfeigen, die Sie in unserem Shop kaufen können, bezieht das Unternehmen von Kleinbauernfamilien, die in den Bergen in der Region um die Stadt Aydin in der Westtürkei angesiedelt sind. Sie haben sich auf die Sorte Smyrna spezialisiert, da diese Feigenbäume tief wurzeln, gut mit dem rauen Bergklima zurechtkommen sowie gegen Krankheiten und Schädlinge resistent sind.
Die Familien ernten die Früchte Ende August, Anfang September, wenn sie bereits am Baum zu trocknen beginnen. Nach der Ernte legen sie die Früchte dann nochmal 2 bis 4 Tage in die Sonne. Danach geht es in die Sortier- und Verpackungsanlage von Mehmet Gönülaçar in İncirliova – er ist der Sohn eines der sieben Produzent:innen, die uns seit 2020 mit den Bergfeigen beliefern.