Indigene Kaffeebauern in Gefahr

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Einblicke

Die zapatistischen Gebiete in Chiapas, Mexiko, wo unsere Kaffeekooperative Yachil Xojobal Chulchán beheimatet ist, kommen nicht zur Ruhe. Nach einem schweren Pilzbefall der Kaffeeplantagen werden sie von Paramilitärs belagert. Wer sich aus dem Haus wagt, lebt gefährlich.

Indigene Kaffeebauern, Chiapas

Die indigenen Kaffeebauern im Hochland von Chiapas fürchten um ihr Leben.

Gastbeitrag von Café RebelDía

Eigentlich hätte es ein gutes Jahr werden können für unsere Compas. Roya, die schwere Pilzkrankheit, die 2014 in weiten Teilen Mittelamerikas wütete und zu Ernteeinbussen von mehr als 50 Prozent sorgte, ist besiegt. Zum ersten Mal brachten die Bäuerinnen wieder die gewohnte Menge Kaffee von den Feldern nach Hause. Doch das könnte eine Ausnahme bleiben, denn sie sehen sich mit einer ganz anderen Gefahr konfrontiert: Seit Anfang des Jahres bedrohen Paramillitärs die Menschen in den zapatistischen Gebieten.

Damit man die Geschichte dahinter versteht, muss man etwas ausholen: Ende 2017 kam es zu ersten paramilitärischen Angriffen auf die indigene Bevölkerung in Chalchuhuitàn. Kurz darauf wurden 7000 indigene Bauernfamilien gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben. In der Region Aldama, im Hochland von Chiapas, schwelte damals ebenfalls ein Konflikt. Im Frühjahr 2018 spitzte sich dieser zu und brach dann im Januar dieses Jahres mit voller Gewalt aus.

Polizisten aus Angst geflohen

Die Menschen in Aldama werden seither von der anderen Talseite aus beschossen. Selbst eine eigens zum Schutz der Menschen errichtete Polizeistation konnte die Gefahr nicht abwenden. Die Polizisten mussten sich mit Sandsäcken in der Station verbarrikadieren und flohen schlussendlich. Zu gross war die Angst um ihr eigenes Leben.

Auch die Bewohnerinnen von Aldama haben grosse Angst. Denn wer sein Haus verlässt, läuft Gefahr, von einer Kugel getroffen zu werden. Die Menschen können kein Feuerholz holen und ihre Felder nicht mehr bestellen. Die wichtige Einnahmequelle, der Kaffee, geht so verloren.

Der verlorene Kaffee ist aber nur der Anfang. Viele Menschen in Aldama sind Selbstversorger. Da sie nicht mehr auf die Felder können, geht ihnen die Nahrung aus. Die mexikanische Regierung versucht, die Situation mit humanitärer Hilfe zu verbessern. Doch was bei den Bewohnern ankommt, reicht nicht, um eine Familie zu ernähren.

Bauer nach Schussverletztung gelähmt

Einige Kaffeebäuerinnen wagten sich deshalb trotzdem aus ihren Häusern. Sie erlitten teilweise schwere Schussverletzungen. Einer der getroffenen Bauern ist nun gelähmt und kann nicht mehr aufstehen. Im Spital wollten die Ärzte den Mann direkt wieder heimschicken. Da sei nichts mehr zu machen, sagten sie ihm. Als er insistierte, erklärte ihm ein Neurologe, dass er nach einer Operation und Reha wieder gehen könne. Doch die Operation und die Nachbehandlung zahlt ihm niemand.

Ein Bauer, der nicht aufstehen oder seine Arme nicht mehr bewegen kann, das kommt einem Todesurteil gleich.

Unter den Verletzten sind auch Kinder. Einige Menschen erlagen ihren Verletzungen, über 200 Familien wurden in Aldama gewaltsam vertrieben. Wir sind sehr besorgt um unsere Kaffeebäuerinnen und ihre Familien.

Regierung bewaffnet Paramilitärs

Doch eine Besserung der Situation ist leider nicht in Sicht – auch nicht unter dem neu amtierenden mexikanischen Präsidenten. Er lässt die Menschen im Stich und bekräftigt so die Befürchtung, dass er, der vielgefeierte, erste linke Präsident Mexikos, die Militarisierung der indigenen Gebiete vorantreiben wird. Denn die Paramilitärs werden von der Regierung bewaffnet und ihre Taten bleiben straflos.

Damit einher geht auch die gezielte Schwächung von zivilen Organisationen, die sich den vom Präsidenten geplanten Mega-Projekten widersetzen. Vielerorts bringen die Mega-Projekte Enteignung und Vertreibung der ansässigen Bevölkerung sowie die touristische und wirtschaftliche Ausbeutung mit sich.

Die Zapatistas haben dieser Strategie den Kampf angesagt. In einem Communiqué verkündeten sie Mitte August die Gründung sieben neuer Verwaltungszentren und die Ausweitung der autonomen Gebiete sowie verschiedene Veranstaltungen. Unter dem Motto "Wir durchbrechen die Belagerung" starteten sie eine zivile Offensive, um ihr Land zu verteidigen und ihren Widerstand gegen die Mega-Projekte zu verstärken.

Die Mitglieder unserer Kooperative Yachil haben bei unserem letzten Besuch die Befürchtungen geäussert, dass die Regierung mit verschiedenen Mitteln diese autonomen Strukturen zerschlagen will. Die Kaffeekooperativen sind ein sehr wichtiger Pfeiler der indigenen Autonomie. Die internationale Solidarität ist für die Zapatistas deshalb nach wie vor sehr wichtig!

Mehr über die Rebellion der Zapatisten in Mexiko

Bis an die Zähne mit Requisiten bewaffnet – WOZ-Artikel von 2013 über die Rebellion und wie sie entstand

"Wir sind die Generation 94" – WOZ-Artikel von 2013 über die Solidaritätsbewegung in der Schweiz

Chronologie des Widerstandes – Zeittafel auf der Website der Solidaritätsgruppe