Von 0 auf 90% in neun Monaten
Es war kein einfaches Vorhaben, in nur einem dreiviertel Jahr eine neue Wertschöpfungskette für Mandeln aus Tunesien aufzubauen. Doch es ist vollbracht. Fast.
Wie geht man vor auf der Suche nach einem neuen Mandelproduzenten in Tunesien? Was braucht es für den Aufbau einer neuen Wertschöpfungskette von Tunesien bis nach Nordeuropa?
Ersteres gestaltet sich simpler als man vielleicht annehmen würde: Man forstet eine Liste mit Produzenten mit Bio-Zertifizierung durch und kontaktiert einzelne, um mehr über die Hintergründe und Bedingungen zu erfahren. Bei jenen, die mit unseren internen Richtlinien konform sind, wird anschliessend genauer nachgehakt.
Um eine Wertschöpfungskette aufzubauen, braucht es dann aber deutlich mehr. Doch warum suchten wir überhaupt so gezielt?
Tunesische Mandeln bei gebana
Nachdem unser bisheriges Mandelprojekt nach jahrelangem Ringen um die Bio-Zertifizierung kurz nach deren finalem Erhalt stoppte, war die Enttäuschung gross. Unser Partner vor Ort konnte aufgrund der politischen Lage den Kontakt zu den Bauern nicht mehr garantieren. Doch auch wenn Mandeln eigentlich keine Spezialität sind, bekamen wir immer wieder begeisterte Rückmeldungen zu unseren tunesischen Nusskernen. Darum war schnell klar: Wir wollen wieder Mandeln aus Tunesien.
Anfang des vergangenen Jahres begannen wir mit der Suche nach einem neuen Produzenten. Dabei stiessen wir auf Skander Hamzaoui: Als gebürtiger Tunesier mit Wurzeln in den Niederlanden hatte er an verschiedensten Orten in der Welt studiert und gearbeitet. Nach zwölf Jahren kehrte er jedoch nach Tunesien zurück, um das Grundstück seiner Familie in den Bergen Thalas biologisch zu bewirtschaften. Er fühlte sich schon immer stark mit der Natur verbunden und entwickelte die Vision, in dieser abgelegenen und für mediterrane Verhältnisse rauen Berglandschaft durch biologischen Landbau einen Mehrwert für die lokale Bevölkerung zu generieren.
Die Gründung einer Firma
Wir kontaktierten Skander Hamzaoui, trafen ihn schon kurze Zeit später zum ersten Mal – und beschlossen eine Zusammenarbeit. Skander Hamzaoui sollte vor Ort weitere Mandelproduzenten finden, die uns ihre Bio-Mandeln verkaufen, die Gründung einer Exportfirma organisieren und die Verarbeitung der Mandeln sowie deren Export aufgleisen. Wir wiederum leiteten ihn an, stellten ihm unser ganzes Know-how zur Verfügung und finanzierten das gesamte Projekt.
Ein gewagter Plan, denn man kannte sich ja kaum. Doch wie in unseren Firmengrundsätzen verankert, nehmen wir Risiken auf uns, um im Ursprung nachhaltige Firmen aufzubauen.
Und so legten wir los: Die Verhandlungen mit den Bauernfamilien begannen und die Exportfirma Skaya wurde gegründet. Für die Verarbeitung der Mandeln wurden eine kleine Fabrik und Maschinen angemietet sowie Personal gesucht, das sich mit der Verarbeitung von Mandeln auskannte. Der Betrieb musste bio-zertifiziert werden, der Warentransport von den Bauern zur Fabrik, das Verpackungsmaterial und schliesslich auch der Export organisiert werden.
Lehrgeld
Was sich leicht anhört, war eine Menge Arbeit – und einiges an bezahltem Lehrgeld. Das grösste Problem war, dass wir uns offensichtlich bei der Mengenplanung verschätzt hatten.
Denn kurz nachdem wir mit der Verarbeitung der Nüsse begonnen hatten, bemerkten wir, dass der Ausschuss weit grösser war als berechnet. Wir stellten Nachforschungen an und fanden schnell heraus, dass wir schlichtweg von falschen Annahmen ausgegangen waren und die Menge unseres Ausschusses durchaus im normalen Rahmen lag.
Ausserdem waren wir beim Einkauf der Mandeln zu spät dran: In der Region ist es üblich, die Mandeln bereits während der Blütezeit einzukaufen – und zwar pro Baum. Das heisst, man sieht sich die Blüten eines Baumes an und entscheidet, wie viel man zum Zeitpunkt der Ernte dafür zu zahlen bereit ist.
Doch ein anderes Problem griff schon viel früher und ist auch schwieriger zu lösen. «Eine der grössten Herausforderungen war das Vertrauen zwischen Skander Hamzaoui und den Bauernfamilien. Aber auch zwischen Skander Hamzaoui und gebana», sagt Christophe Toitot, COO von gebana. Denn Vertrauen braucht Zeit und Skander Hamzaoui muss sich mit seiner Firma Skaya vor Ort erstmal einen Namen machen. Erst dann kann er ein funktionierendes Netzwerk mit weiteren Bio-Mandelbauern aufbauen und die Mengen verarbeiten, die er plant.
Was das Vertrauen zwischen gebana und Skander Hamzaoui betrifft: Auch das braucht Zeit und Geduld. Immer wieder kam es während der letzten Monate zu Unsicherheit und Spannungen. War es ein Fehler, in eine Lieferkette für tunesische Mandeln zu investieren? Und beide Seiten fragten sich: Ist der jeweils andere wirklich der richtige Partner?
Die fehlenden 10%
Doch Ende 2017, nur neun Monate nach dem Start des Projektes, war es geschafft: Der erste Export fand statt. Statt der erhofften 9 Tonnen verliessen zwar nur 6 Tonnen Mandeln Tunesien in Richtung Europa. Aber immerhin!
Jetzt ist Zeit, sich mit den fehlenden 10 Prozent zu beschäftigen. Denn als Bio-Bauer weiss Skander Hamzaoui zwar alles über die Mandeln, doch das Know-how über die Wertschöpfungskette, also den ganzen Weg der Mandeln vom Bauern bis zum Export, baut er gerade erst auf.
Zudem wollen wir bei der nächsten Ernte einen Teil der Mandeln von den Bauern selbst verarbeiten lassen. Nicht alle bieten das an, doch aktuell lohnt es sich für uns mehr, die Nüsse zu einem höheren Preis geschält einzukaufen, als sie selbst zu knacken. Ausserdem bleibt so mehr Wertschöpfung beim Bauern selbst und wir können grössere Mengen schaffen. Denn bereits dieses Jahr wollen wir die Mengen auf 30 Tonnen Mandeln erhöhen und damit nicht nur über den gebana Direktversand, sondern auch in den europäischen Handel verkaufen – und damit eben eine nachhaltige und langfristige Wertschöpfungskette aufbauen.
Lesen Sie hier ein Interview mit Bio-Bauer Skander Hamzaoui.