Ernteverlust halbiert!

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Fairer Handel Einblicke

Eine aufregende Orangensaison liegt hinter uns. Denn es war die erste, in der wir die Exportstandards zu Form, Farbe und Grösse der Früchte mit offizieller Erlaubnis der EU ignorieren durften. Sehr zur Überraschung der Bauernfamilien und der lokalen Saftindustrie.

echte Orangen Header

«Wow! Wir haben etwas bewegt», sagt Giorgios Stergiou auf die Frage, wie er über die #EchtenOrangen heute denkt. Während eines kurzen Telefonats vergangene Woche liess er die ganze Geschichte Revue passieren.

Als der Mitgründer unseres Partnerunternehmens Anyfion vor rund zwei Jahren zum ersten Mal hörte, dass die Exportregeln für Orangen aushebeln wollen, winkte er nur ab. «Geht nicht, vergesst es», sagt er damals. Und auch die Bauernfamilien stimmten ein. «Das ist Fantasie, der Markt will es anders», entgegnete sie.

Nun, die Fantasie ist Realität geworden. Die griechischen Bauernfamilien haben in der fast beendeten Saison – die Sommerorangen reifen noch – 931 Tonnen Orangen geerntet und davon 851 Tonnen exportiert. Es landeten also etwas mehr als 91 Prozent der Früchte bei unseren Kundinnen und Kunden! Das wiederum heisst, dass die Bauern weniger als 9 Prozent ihrer Ernte aussortieren und an die Saftindustrie verkaufen mussten.

Zum Vergleich: In der Saison 2018/19, die hinsichtlich Qualität und Erntemenge pro Feld sehr ähnlich war, konnten die Familien nur rund 82 Prozent ihrer Ernte als ganze Früchte verkaufen. Der relative Ernteverlust halbierte sich und die Bauernfamilien verdienten deutlich mehr als in den Jahren zuvor.

Dieser Erfolg sprach sich schnell herum in der kleinen Stadt Nafplio, in der Anyfion zu Hause ist. «Die Menschen hier haben grossen Respekt vor uns, weil wir bis zur EU sind und auch noch erfolgreich waren», sagt Stergiou. Selbst das griechische Agrarministerium rief bei ihm an, um zu gratulieren.

Saftproduzenten, Bauernfamilien und Agronomen waren verwirrt

Doch wir verursachten nicht nur euphorische Reaktionen. Die Saftproduzenten, die in den vergangenen Jahren den Bauernfamilien jene Früchte abnahmen, fragten uns irritiert: «Habt ihr Probleme mit dem Geschäft? Wieso bekommen wir keine Bio-Orangen von euch?» Die Transportfirma, die die Saftorangen bislang zur Presse transportierte, beschwerte sich über zu wenig Arbeit. Und selbst einige der Bauern zeigten sich zumindest verwirrt, wie uns Giorgios Stergiou am Telefon erzählt.

«Ein Bauer fragte mich, wie er jetzt an seine Subventionen für Saftorangen kommen soll», sagt Stergiou. In Griechenland können die Bauernfamilien nämlich Ausgleichzahlungen beantragen, wenn sie zu viele kleine Orangen haben und die zu tiefen Preisen an die Saftindustrie verkaufen müssen. «Ich musste ihm vorrechnen, dass er durch die neue Exportregel deutlich mehr verdient und auch nicht lange auf sein Geld warten muss. Für die Subventionen muss man erstmal einen Antrag stellen und das dauert.»

Einen Moment der Verwirrung gab es auch bei den Agronomen, die jeden LKW vor der Abfahrt kontrollieren. Beim Anblick der Vielfalt in den Orangenkisten fragten sie verdutzt: «Was ist das? Sind die etwa für den Export bestimmt?» Nach kurzer Erklärung erinnerten sie sich gemäss Stergiou aber an alles.

Ein EU-Trick, um EU-Regeln zu umgehen

Möglich war das durch einen Trick, den uns die EU selbst verriet: «Wenn ihr Orangen in allen Formen, Farben und Grössen exportieren wollt, markiert eure Kisten mit dem Hinweis «zur Verarbeitung bestimmt», schrieb uns die EU im Sommer 2020 sinngemäss – das tatsächliche E-Mail war komplizierter formuliert.

Doch noch bevor all das so richtig ins Rollen kam, plagte uns die Sorge, wie die #EchtenOrangen bei unseren Kundinnen und Kunden ankommen würden. Wir fragten uns, wie sie auf grüne, vernarbte, grosse und kleine Früchte reagieren würden.

Die Sorgen waren am Ende unbegründet. Über 600 Kundinnen und Kunden schickten uns Bilder ihrer Lieferung und überhäuften uns mit Lob, Begeisterung und Zuspruch. Fast nochmal so viele zeigten ihre #EchtenOrangen auf Instagram und Facebook. Einige davon haben wir in einem Video zusammengestellt.