Schluss mit «fair»
Zum 20-jährigen Bestehen von gebana als Handelsunternehmen haben wir entschieden, künftig auf den Begriff «fair» zu verzichten. Lesen Sie nach, was zu dieser Entscheidung geführt hat und warum wir uns genau deswegen noch stärker für einen faireren Handel engagieren wollen.
«fair»: Wir haben genug – genug haben wir noch lange nicht!
Zu behaupten, ein Produkt sei «fair», ist problematisch, denn das bedeutet Stillstand. Ursula Brunner, Bananenfrau der ersten Stunde, sagte: «Es gibt kein faires Produkt, fairer Handel ist ein Prozess». Und so sieht gebana ihre Arbeit seit jeher: Schritt für Schritt suchen wir einen immer besseren Deal für Bauern, Arbeiterinnen und Arbeiter und die Natur. Doch wer entscheidet, was fair ist? Nur weil wir versuchen den Handel fairer zu machen, haben wir noch lange kein faires Produkt!
Trotzdem benutzen wir das Wort «fair», wenn wir über unsere Produkte reden. Das Konzept des fairen Handels ist in den letzten 20 Jahren breit bekannt geworden und die Menschen assoziieren mit einem einzigen Wort etwas, was auch wir unterschreiben: bessere Preise für die Bauern und korrekte Löhne für Arbeitende. Vor allem aber auch eine Vision von einem besseren Handel, der armen Regionen Entwicklung bringt und eine gerechtere Welt schafft.
Doch mit dem Schaffen einer gerechteren Welt haben «faire» Produkte immer weniger zu tun. Sicher, «fair» ausgelobte Produkte sind fairer als unfaire, und das ist gut. Und es gibt auch Akteure, die mehr bewegen wollen und die eine ganzheitliche Vision verfolgen. Doch der Markt wird immer stärker dominiert von multinationalen Konzernen. Sie haben „faire“ Produkte im Sortiment – mit dem alleinigen Ziel die Marge zu verbessern und Profite zu maximieren. Es geht um Marketing, während sich die Handelspolitik der Unternehmen kein Jota ändert.
Diese Unternehmen denken kurzfristig, sie drücken die Preise permanent, sind intransparent und reizen die Fairtrade-Standards aus bis zum Minimum. Doch selbst wenn sie die Mindest-Regeln einhalten, zerstört ihr rein profitgetriebenes Verhalten als Händler und ihre Unternehmenspolitik insgesamt nachhaltige und faire Wertschöpfungsketten, anstatt solche aufzubauen. Dies läuft dem ursprünglichen Entwicklungsansatz des fairen Handels völlig entgegen. Es führt zu weniger statt mehr Gerechtigkeit.
Davon möchten wir uns klar abgrenzen. Wir haben uns deshalb entschieden, unsere Produkte ab sofort nicht mehr als «fair» zu bezeichnen.
Schluss mit «fair»
Wenn wir das Wort «fair» auf den Produkten streichen, heisst das aber nicht, dass unser Engagement für einen faireren Handel kleiner wird. Wir investieren weiterhin in die Wertschöpfung vor Ort – auch in risikoreichen Regionen. Wir schaffen weiterhin möglichst viele gute Arbeitsplätze. Wir schulen Bio-Bauern und fördern den Bio-Anbau. Wir arbeiten weiterhin an der Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette und wir bleiben langfristige Partner mit Mut und Durchhaltewillen.
Und wir wollen mehr! Wir fokussieren künftig noch stärker auf eine ganzheitliche Wirkung und Entwicklung vor Ort, wir beteiligen die Bauern am Umsatz, wir teilen Gewinne mit Mitarbeitenden und Kunden und wir richten die Wertschöpfungsketten noch konsequenter auf die Natur aus. Und wir werden uns auch noch stärker in die Diskussion zur Handelspolitik einmischen. Der gesamte Handel muss fairer werden!
Gemeinsam ändern wir den internationalen Handel
zu Gunsten von Bauernfamilien,
der lokalen Wirtschaft
und der Natur.
Die Illustrationen zu diesem Beitrag stammen von der Künstlerin und Cartoonistin Marina Lutz aus Emmenbrücke. Sie hat sie an der Feier zum 20-jährigen Jubiläum von gebana live mit Tusche gezeichnet, während dieser Text vorgetragen wurde. Ansonsten zeichnet Marina Lutz regelmässig unter anderem für das Bündner Tagblatt und den Nebelspalter.