Prädikat «schwierig» - Teil 1
Wir sagen von uns selbst, dass wir in besonders schwierigen Regionen tätig sind. Doch was heisst das eigentlich?
Wenn wir von «schwierigen Ländern» reden, in denen wir tätig sind, meinen wir vor allem unsere Tochterfirmen in Westafrika. 2006 gründeten wir jene in Burkina Faso, mit dem Namen gebana Afrique. gebana Togo folgte in 2015 und vergangenes Jahr entstand schliesslich eine Tochtergesellschaft in Benin.
Alle drei Staaten gehören zu den ärmsten der Welt. Gemäss Weltbank liegt die Armutsquote auf Grundlage der nationalen Armutsgrenze in Burkina Faso bei über 40% (2014), in Togo sogar bei über 55% (2015). In Benin lag sie im Jahr 2011 bei 36%. In allen drei Ländern verdienen mehr als 43% der Menschen weniger als 1.9 Dollar am Tag (2011 PPP). Die Wirtschaft in diesen Ländern ist extrem vom Export von Rohstoffen abhängig, da kaum Industrie vorhanden ist. Der Weltmarkt wird weitgehend mit unverarbeiteten Rohstoffen wie Agrarprodukten, Erzen und Mineralien sowie anderen natürlichen Ressourcen zu oft niedrigen Preisen beliefert. Die Weiterverarbeitung und Veredelung der Produkte erfolgt meist in den Industriestaaten, wo die Wertschöpfung stattfindet und die Gewinne gemacht werden.
Die Bedeutung für gebana
«Es fehlt an Infrastruktur, Administration und Kommunikationsnetzen», sagt Christophe Toitot, COO von gebana, der für die Produktion im Süden zuständig ist. Das bestätigt auch eine Liste der Weltbank, in der jährlich 190 Länder danach bewertet werden, wie geschäftsfreundlich sie sind. Es werden das Steuersystem, der Zugang zu Elektrizität, die Eintragung von Eigentum und vieles mehr bewertet. Burkina Faso, Benin und auch Togo gehören zum obersten Drittel der «schwierigsten Länder» der Welt um geschäftlich tätig zu sein. «Wenn man ein gutes Produkt hat, braucht man normalerweise nur eine Strasse und ein Telefon um eine Firma aufzuziehen – aber in diesen Ländern ist in den ländlichen Regionen oft nicht mal das vorhanden», so Christophe Toitot weiter.
Das erschwert die tägliche Arbeit von gebana: Unsere Produkte kaufen wir von mehreren tausend Kleinbauern ein. Diese wohnen teilweise so abgelegen, dass man sehr gute Ortskenntnisse braucht und oft nur zu Fuss zu ihnen gelangt. Die Menschen hier sind besonders arm, sie leben sprichwörtlich «von der Hand in den Mund». Trotzdem müssen sie für eine Zusammenarbeit mit gebana Standards bezüglich Qualität, Zertifizierungen sowie Verträge einhalten. Dies ist eine grosse Herausforderung, handelt es sich dabei doch um Konzepte und Anforderungen aus unserer westlichen Welt, die in keiner Weise ihrer Realität entsprechen: Wenn es ums tägliche Überleben geht, sind Absprachen über Monate nicht wichtig. Doch wie können solche enormen kulturellen Distanzen überwunden werden?
Eine wichtige Bedeutung haben Vorfinanzierungen der Ernte, aber auch Anbau-Schulungen und ein möglichst direkter, regelmässiger Kontakt zu den Bauern. Um letzteres zu gewährleisten, unternimmt gebana derzeit grosse Anstrengungen. Denn persönlicher Kontakt ist unumgänglich, damit Vertrauen entstehen kann.
Um all dies für so viele Bauern zu organisieren, braucht es gut ausgebildetes und zuverlässiges Personal vor Ort. Allerdings gelten Arbeitsplätze, die mit der Landwirtschaft zu tun haben, nicht als attraktiv. Der Lohn ist tiefer als in anderen Branchen und das Ansehen ist gering. Zudem bewegt man sich als Mitarbeitender der gebana ständig in dem bereits genannten Spannungsfeld: Einerseits gibt es die Anforderungen westlicher Kunden, die perfekte und rechtzeitige Lieferungen erwarten und andererseits ist da der Alltag in einem Land, in dem häufig der Strom – und damit auch Internet und Telefone – ausfallen, durch starke Regenfälle Strassen innert Stunden unbefahrbar werden und die Familie auch geschäftlich eine Vorzugsbehandlung erwartet.
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