Praktikanten in Tunesien Teil 6: Besuch der Oase Derjine
Nach der Schulung der Kooperativen am Tag zuvor, steht heute der Besuch und die direkte Diskussion mit den Dattelbauern an.
Es geht einerseits darum mit den Bauern über ihre Arbeit zu sprechen und ihnen die Vorteile aber auch die Grenzen des Fairen Handels zu erklären. Andererseits möchten wir Portraits von verschiedenen Bauern zusammenstellen, um die KonsumentInnen in Europa genauer über ihre Lebenssituation zu informieren.
Von Kebili bis Derjine dauert die Fahrt mit dem Auto fast eine Stunde. Wegen der buckeligen Landstrasse kann die übliche Fahrgeschwindigkeit von 100km/h nicht gehalten werden. Bei der Ankunft im Dörfchen Derjine sehen wir, dass deren Bewohner wirklich sehr bescheiden leben. Ihre Behausungen sind kleine und einfache Backstein- oder Palmblatthäuschen. Später erfahren wir, dass die 300 Einwohner zählende Gemeinschaft fast ausschliesslich von ihren Dattelplantagen lebt und daher auf deren guten Erträge angewiesen ist. Die Mehrheit der im Dorf lebenden Menschen ist miteinander verwandt. Fast keine Menschen entschliessen sich heute noch in dieses arme Dorf zu ziehen, um hier zu leben. Nur zweimal täglich fährt ein Bus von Derjine nach Kebili. Im Dorf gibt es keine Apotheke, aber einige wenige Medikamente für den Notfall.
Gemeinsam mit dem Präsidenten der Kooperative sowie mit Hamdia und Adel besuchen wir die Bauern in Ihren Plantagen. Insgesamt sprechen wir mit sieben verschiedenen Bauern, die alle Bio-zertifiziert sind. Es handelt sich also um diejenigen Datteln, die von der gebana Schweiz im Direktversand verkauft werden.
Im Gespräch mit den Bauern versuchen wir herauszufinden, was ihre grössten Sorgen sind und welche Wünsche sie für die Zukunft haben. Da die Kooperative noch keine Fair Trade Prämie erhalten hat, konnten bis jetzt noch keine Projekte realisiert werden. Dafür können wir im Gespräch bereits einige Ideen für künftige Projekte ausfindig machen. Unter anderem könnte mit einem Teil der Prämie das Zentrum für traditionelle Handarbeit im Dorf wieder geöffnet werden. Dort wurden früher von den Frauen des Dorfes traditionelle Hüte, Teppiche u.a. hergestellt. Aus Geldmangel musste es vor einigen Jahren leider geschlossen werden. Falls das Zentrum wieder in Betrieb gesetzt würde, könnten die Frauen des Dorfes dort arbeiten und ihre Produkte vielleicht sogar verkauft werden.
Der grössere Teil der besuchten Bauern ist bereits informiert über die Prinzipien des Fairen Handels und setzt sehr viel Hoffnung in ihn.
Ein grosses Problem in Derjine ist die Desertifikation. Vor allem die Bauern am Rand der Oase, angrenzend an die Wüste, leiden unter der Ausbreitung des Sandes. Sie hoffen, dass mit der Fair Trade Prämie etwas gegen diese Entwicklung unternommen werden kann.
Ein anderes Problem ist das unregelmässige Einkommen der Dattelbauern.
Mohammed sagt: „Wir Dattelbauern haben kein regelmässiges Einkommen. Nur einmal im Jahr, beim Verkauf der Datteln erhalten wir einen Lohn für unsere Arbeit. Davon brauchen wir rund einen Drittel für die Pflege unserer Parzelle. Zwei Drittel müssen für die Familie für ein ganzes Jahr ausreichen. Für die Finanzierung des Studiums unserer Kinder fehlt das Geld. Dann ist da noch das Problem der Arbeitslosigkeit, die überall hier ein Thema ist.“ Ein anderer Mohammed (etwa die Hälfte der Bauern heissen Mohammed) findet, dass mehr Geld in mechanische Maschinen zur Pflege der Palmgärten zur Verfügung gestellt werden sollten, z.B. für das Umackern des Bodens oder die Abfallzerkleinerung und -entsorgung. Auf die Frage nach seinen Problemen erzählt er uns dass seine Palmen von einem Insekt befallen sind, das die Palmblätter abfrisst. Er fragt Hamdia um Rat und Hilfe.
Alle Bauern empfingen uns sehr herzlich und beantworteten unsere Fragen ausführlich. Die Sprache war natürlich ein gewisses Hindernis. Hamdia übersetzte zwar alles für uns, doch ging bei der Übersetzung sicher ein Teil an Informationen verloren.